Maritime Souveränität

Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer nach Wismar fährt, kann dort derzeit nicht nur eine wunderschöne Altstadt besichtigen, sondern auch eine gewisse Skurrilität: Dort liegt nämlich in einer großen Halle der MV Werften ein nicht fertiggebautes Schiff, ein Kreuzfahrtschiff, bei dem man in den Grundzügen erkennen kann, wohin es mal gehen sollte. Und wenn man dort mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit den Beschäftigten, spricht, dann erfährt man, was für kluge Gedanken dahinter standen, wie sehr sich die Beschäftigten dort auf asiatische und auf amerikanische Märkte einstellen, etwa in der Frage, wie groß die Kabinen sind, und vieles mehr.

Das, was dort steht, das Gerüst der „Global One“, vom Konzern Genting Hong Kong mal geplant, ist Ausdruck zum einen großer Ingenieurs- und Fertigungskunst dort in Wismar, zum anderen aber auch Zeugnis des Strukturwandels in der maritimen Branche. Denn dort in Wismar genau wie in Stralsund und in Rostock gibt es die MV Werften nicht mehr. Die Insolvenz der MV Werften hat die komplette Region damals in große Sorgen und Schwierigkeiten gebracht.

Aber was ist in der Zwischenzeit passiert? In Wismar wird sich bald mit thyssenkrupp Marine Systems ein Marinebauer ansiedeln, und in Rostock haben wir mit dem Marinearsenal staatlicherseits etwas geschaffen, was für die Region, aber eben auch für unsere nationale und europäische Souveränität und Resilienz von großer Bedeutung ist.

Wir haben, meine Damen und Herren, die große weitere Chance, dass sich dort in Rostock-Warnemünde auch ein großer Hersteller von Offshore-Konverterplattformen ansiedeln wird. Ich gehe davon aus, dass sich die gesamte Bundesregierung mit all ihrer Kraft dafür einsetzen wird, dass wir auch für diese Zukunftsbranche dort in Rostock eine große Ansiedlung schaffen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wenn man sich anschaut, vor welchen Herausforderungen wir als Volkswirtschaft stehen, dann erkennt man: Die maritime Wirtschaft, der maritime Bereich ist zum einen Teil dieser Herausforderung; aber er ist vor allem Teil der Lösung. Wir werden weder unsere Energiewende- noch unsere Klimaziele erreichen, wenn nicht die Häfen sich zu den Hubs einer Energiewende, einer Energieinfrastruktur der Zukunft weiterentwickeln. Sie haben die Chance. Wir werden sie als Bundesregierung nach Kräften dabei unterstützen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Die maritime Branche kann auch einen großen Anteil dazu leisten, dass wir unsere Klimaziele im Verkehrssektor erreichen, indem wir jetzt mit aller Kraft in die Transformation der Antriebssysteme investieren und darauf hinarbeiten, dass wir auch eine klimaneutrale Bundesflotte haben, damit wir unseren Klimazielen gerecht werden und eben auch die maritime Branche dabei unterstützen, sich auf diesen Weg zu begeben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn wir über Souveränität und Resilienz sprechen – das ist der Fokus dieses gemeinsamen Antrags –, dann muss es auch darum gehen, dass wir unsere Wirtschaft, aber eben auch unsere kritische Infrastruktur noch besser davor schützen, dass sie Anschlagsziel von anderen werden könnten, dass sie aber auch das Ziel von Investitionen werden könnten, die am Ende unsere Souveränität infrage stellen. Deswegen freue ich mich, dass es uns gelungen ist, mit 66 Punkten auszubuchstabieren, was maritime Souveränität in der Zeitenwende, was maritime Souveränität in den Herausforderungen unserer Zeit bedeutet.

Ich möchte an dieser Stelle Johannes Arlt, der heute leider erkrankt ist, und Hagen Reinhold für die gute Zusammenarbeit danken. Ich freue mich sehr, dass Stefan Seidler als fraktionsloser Abgeordneter des Südschleswigschen Wählerverbands Teil dieser Initiative ist.

Ich möchte, weil Otto Fricke häufig mit Shakespeare endet, gerne Rio Reiser zitieren: „Die Zeit ist auf unserer Seite. Volle Kraft voraus!“

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Sehr schön! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ich habe bisher im Bundestag nur Ferlemann und Goethe zitiert!)

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