Kein grünes Licht für LNG-Terminal vor Rügen

Vor der Insel Rügen soll nach den Plänen der Bundesregierung ein weiteres LNG-Terminal entstehen, das Platz für bis zu vier schwimmende Regasifizierungseinheiten (FSRU) schaffen soll. LNG, also verflüssigtes fossiles Erdgas, soll in den nächsten Jahres Teile des Pipeline-Gases ersetzen, das wir bis zum letzten Jahr vermeintlich billig aus Russland bezogen haben.

Doch bislang gibt es keine überzeugende Darstellung, dass dieser Standort wirklich notwendig ist für unsere Versorgungssicherheit. Schon jetzt zeichnen sich mit den Standorten in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Stade Überkapazitäten bei der Versorgung mit Flüssiggas ab – mit entsprechenden ökologischen und ökonomischen Risiken. Wir wollen und werden Versorgungssicherheit gewährleisten – und gleichzeitig sicherstellen, dass fossile Infrastruktur die Erreichung unserer Klimaziele nicht gefährdet.

Ein weiteres Terminal vor Rügen würde starke Belastungen verursachen – für den Naturraum Ostsee, für den Tourismus vor Ort und nicht zuletzt für den Bundeshaushalt.

In dieser Situation können wir keine schwer oder gänzlich unumkehrbaren Entscheidungen treffen. Deshalb hat der Haushaltsausschuss gestern mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen sowie der CDU/CSU-Fraktion die vollständige Freigabe der von der Bundesregierung beantragten Mittel für das Terminal bei Rügen zunächst gestoppt.

Lediglich kurzfristig nötige Gelder zur Absicherung von Verträgen haben wir gestern im Ausschuss freigegeben. Wenn es weitere Gelder für das Projekt geben soll, dann nur, wenn die starken Bedenken und Gegenargumente nicht zuletzt auch der Akteure vor Ort durch die Bundesregierung, insbesondere vom Kanzleramt, überzeugend ausgeräumt werden können. Bislang ist dies nicht erfolgt und auch nicht in Sicht.

Dies fand auch mediales Echo. Hier ist die Berichterstattung des NDR dazu zu lesen. Auch die dpa und die taz haben berichtet

Worum geht es eigentlich insgesamt? 

Der Wegfall von russischem Erdgas hat im letzten Jahr nötig gemacht, unsere Energieversorgung kurzfristig und übergangsweise auf ein neues Fundament zu stellen. So sehr die nachhaltige Lösung des Problems im ambitionierten Ausbau der Erneuerbaren, der Stromnetze und in der Elektrifizierung von Prozessen in der Industrie und im Umbau der Wärmeversorgung liegt, so wichtig war es auch, den Bezug fossilen Gases über den Bau von LNG-Terminals an der Küste zu diversifizieren, um eine Gasmangellage in diesem Winter und den folgenden abzuwenden. Sehr schnell sind die ersten schwimmenden Regasifizierungsanlagen (FSRU) und die damit verbundene Infrastruktur geplant, finanziert und errichtet worden.

Aktuell sind fünf staatliche und zwei private schwimmende Terminals (FSRUs) geplant und auch teilweise schon in Betrieb. Ob weitere private Projekte folgen, ist unklar. Darüber hinaus sind an drei Standorten (Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven) landseitige Terminals vorgesehen, die ab 2026 in Betrieb gehen sollen. Diese sollen langfristig als “grüne” Terminals, also zur Anlandung grünen Wasserstoffs oder Ammoniaks, genutzt werden können.

Insgesamt wird deutlich: Es gibt erhebliche Sicherheitspuffer in diesen Planungen. Das ist bis zu einem gewissen Maß auch notwendig, um unsere Energieversorgung auch in Ausnahmefällen sicherzustellen. In den aktuellen Planungen gibt es aus unserer Sicht aber so viele Sicherheitspuffer, dass sie in nicht benötigten fossilen Überkapazitäten münden – finanziert aus Haushaltsmitteln des Bundes.

Zur Erreichung der Klimaziele ist es keine Option, diese Überkapazitäten tatsächlich zu nutzen – und mit Blick auf die Haushaltslage können wir es uns nicht leisten, Kapazitäten in dieser Dimension zu schaffen, die dann nicht genutzt werden und sich nicht rechnen. Wir brauchen diese Gelder jetzt für Investitionen in die Energiewende und die Transformation der Wirtschaft – jeder Euro, der in nicht benötigte fossile Infrastruktur fließt, fehlt woanders.

Was ist vor der Insel Rügen geplant?

Hier sollen Plattformen entstehen, an denen mehrere FSRUs festmachen können. Über eine  Anbindungspipeline soll das Gas dann nach Lubmin transportiert werden. Die Kapazität dieser Pipeline ist außerordentlich hoch und schafft eine neue Gasinfrastruktur mit dem Potenzial, die Gasimporte in Zukunft noch weiter zu erhöhen. Der Protest der Bevölkerung in Rügen gegen das Projekt ist vor dem Hintergrund der Risiken für die Umwelt und den Tourismus vor Ort sehr nachvollziehbar. Rechte Gruppierungen versuchen auch diesen Protest für ihre populistischen Zwecke zu nutzen. Das sollte uns als Demokrat*innen aufmerksam machen.

Der Haushaltsausschuss hat in unserem politischen System eine besondere Kontrollfunktion gegenüber der Bundesregierung. Diese nehmen wir auch aus der Koalition heraus wahr, indem wir einen verantwortlichen Umgang mit Haushaltsmitteln in unseren Fokus stellen.

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